Insgesamt leben 22.167 Kinder unter 15 Jahren in Pforzheim und 31.928 Kinder im Enzkreis. Nicht jedes dieser Kinder hat die gleiche Chance, gesund aufzuwachsen, denn die Lebensbedingungen der Kinder hängen unter anderem stark von dem sozioökonomischen Status der Eltern ab. Das Einkommen sowie der Bildungsstand stellen Komponenten des sozioökonomischen Status dar.
Kindheit und Jugend sind entscheidende Lebensphasen für die Gesundheit, hier werden die Grundsteine gelegt, die das ganze Leben prägen. Körperliche, psychische und soziale Einflüsse in jungen Jahren wirken oft bis ins Erwachsenenalter fort.
Doch nicht alle Kinder haben die gleichen Voraussetzungen für ein gesundes Aufwachsen. Studien zeigen: Kinder aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status sind gesundheitlich häufiger benachteiligt und das beginnt bereits vor der Geburt. So rauchen etwa 30 % der werdenden Mütter mit niedrigem sozioökonomischen Status während der Schwangerschaft, bei Müttern mit hohem sozioökonomischen Status sind es nur rund 2 % (Datenreport 2018 - Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland). Dieses Verhalten ist Ausdruck ungleicher Lebenslagen, nicht individueller Nachlässigkeit. Es steht oft im Zusammenhang mit chronischem Stress, geringem Bildungsressourcen und einem erschwerten Zugang zu Unterstützung.
Auch im weiteren Aufwachsen bestehen Unterschiede: Kinder aus sozial benachteiligten Familien bewegen sich seltener, sind häufiger übergewichtig, zeigen öfter psychische Auffälligkeiten und nehmen seltener Vorsorgeangebote wahr. Das zeigt unter anderem die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS).
Weil sich soziale Unterschiede im Gesundheitsverhalten bis ins Erwachsenenalter verstetigen können, ist frühe und zielgerichtete Prävention besonders wichtig - in der Familie, in der Kita, in der Schule und in der Freizeit. Nur so lassen sich ungleiche Gesundheitschancen nachhaltig verringern.
Fast jedes 5. Kind in Pforzheim und jedes 20. Kind im Enzkreis lebt in einer Familie die SGB-II-Leistungen bezieht. Pforzheim hat in Baden-Württemberg die zweithöchste Kinderarmutsrate mit 18 %. Im Vergleich dazu liegt der Enzkreis bei 6,7 % (Landesdurchschnitt: 9,2 %).
Gegenüber dem Höchstwert von 2015 ist die Kinderarmutsrate in Pforzheim um 3,6 Prozentpunkte gesunken. Die Kinderarmutsrate in Baden-Württemberg ist im gleichen Zeitraum um 0,8 Prozentpunkte gestiegen. Ähnlich verhält es sich mit der Kinderarmutsrate im Enzkreis. Diese ist gegenüber 2015 um 1,7 Prozentpunkte angestiegen. Während der langjährigen Trend für Pforzheim auf einen leichten Rückgang der Kinderarmutsrate hindeutet, scheint diese sich im Enzkreis und im Landesdurchschnitt zu stagnieren.
Es gibt - auch bei uns im Enzkreis - viele Eltern(teile), die ihren Kindern nicht immer das bieten können, was für andere gleichaltrige Kinder ganz selbstverständlich ist, wie ein gesundes Frühstück, Sportkleidung, die Mitgliedschaft in einem Verein oder der Besuch eines Theaterstücks.
Die einzelnen Gemeinden des Enzkreises sind in sehr unterschiedlichem Ausmaß von Kinderarmut betroffen. In Neuenbürg liegt die Kinderarmutsrate bei 13,8 %. Auch Mühlacker (9,7 %) oder Niefern-Öschelbronn (7,2 %) liegen über dem Enzkreisschnitt (6,7 %).
Innerhalb der 15 Pforzheimer Stadtgebiete gibt es große Unterschiede. Vor allem zentral gelegene Stadteile (Innenstadt, Oststadt, Weststadt) sind in besonderem Maße von Kinderarmut betroffen. Der Prozentsatz von Kindern, die in Armut leben, liegt teilweise bei über 35,0 %. Vom Stadtkern entferntere Stadtteile wie Würm und Hohenwart haben eine deutlich geringere Kinderarmutsrate (unter 5,0 %).
Nachfolgend finden Sie grafische Zusammenstellungen der Kinderarmutsraten in Baden-Württemberg, Pforzheim und im Enzkreis zum Download.
Kinderarmut ist als mehrdimensionales Konstrukt zu verstehen und an keine Strukturen oder Sozialräume gebunden. Allerdings gibt es Faktoren, die Kinderarmut begünstigen. Dazu zählen u. a.:
· Leben in größeren Städten
· Migrationshintergrund bzw. keine deutsche Staatsangehörigkeit
· Arbeitslosigkeit der Eltern
· Niedriger Bildungsstand bzw. kein Schulabschluss der Eltern
· Familien mit (mehr als) drei Kindern
· Alleinerziehung
Vor allem in Pforzheim kumulieren viele dieser Risikofaktoren. Laut Einschulungsuntersuchung haben über 65 % der 4- 5-jährigen Kinder in Pforzheim einen einseitigen oder beidseitigen Migrationshintergrund. Zudem haben 15,9 % der Väter und 11,4 % der Mütter keinen Schulabschluss über die 9. Klasse hinaus. Zum Vergleich: Im Enzkreis liegen diese Anteile bei 12,9 % der Väter und 8,3 % der Mütter.
Literatur:
Letzte Aktualisierung: 03.08.22, Anna Hageleit, Gesundheitsamt Pforzheim